Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 140

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
Der
     
  02
Transscendentalen Doctrin der Urtheilskraft
     
  03
(oder Analytik der Grundsätze)
     
           
  04

Zweites Hauptstück.

     
  05

System aller Grundsätze des reinen Verstandes.

     
           
  06 Wir haben in dem vorigen Hauptstücke die transscendentale Urtheilskraft      
  07 nur nach den allgemeinen Bedingungen erwogen, unter denen sie      
  08 allein die reinen Verstandesbegriffe zu synthetischen Urtheilen zu brauchen      
  09 befugt ist. Jetzt ist unser Geschäfte: die Urtheile, die der Verstand unter      
  10 dieser kritischen Vorsicht wirklich a priori zu Stande bringt, in systematischer      
  11 Verbindung darzustellen, wozu uns ohne Zweifel unsere Tafel der      
  12 Kategorien die natürliche und sichere Leitung geben muß. Denn diese      
  13 sind es eben, deren Beziehung auf mögliche Erfahrung alle reine Verstandeserkenntniß      
  14 a priori ausmachen muß, und deren Verhältniß zur      
  15 Sinnlichkeit überhaupt um deswillen alle transscendentale Grundsätze      
  16 des Verstandesgebrauchs vollständig und in einem System darlegen wird.      
           
  17 Grundsätze a priori führen diesen Namen nicht bloß deswegen, weil      
  18 sie die Gründe anderer Urtheile in sich enthalten, sondern auch weil sie      
  19 selbst nicht in höhern und allgemeinern Erkenntnissen gegründet sind.      
  20 Diese Eigenschaft überhebt sie doch nicht allemal eines Beweises. Denn      
  21 obgleich dieser nicht weiter objectiv geführt werden könnte, sondern vielmehr      
  22 aller Erkenntniß seines Objects zum Grunde liegt, so hindert dies      
  23 doch nicht, daß nicht ein Beweis aus den subjectiven Quellen der Möglichkeit      
  24 einer Erkenntniß des Gegenstandes überhaupt zu schaffen möglich,      
  25 ja auch nöthig wäre, weil der Satz sonst gleichwohl den größten Verdacht      
  26 einer bloß erschlichenen Behauptung auf sich haben würde.      
           
  27 Zweitens werden wir uns bloß auf diejenigen Grundsätze, die sich      
  28 auf die Kategorien beziehen, einschränken. Die Principien der transscendentalen      
  29 Ästhetik, nach welchen Raum und Zeit die Bedingungen der      
  30 Möglichkeit aller Dinge als Erscheinungen sind, imgleichen die Restriction      
  31 dieser Grundsätze, daß sie nämlich nicht auf Dinge an sich selbst bezogen      
  32 werden können, gehören also nicht in unser abgestochenes Feld der Untersuchung.      
  33 Eben so machen die mathematischen Grundsätze keinen Theil      
  34 dieses Systems aus, weil sie nur aus der Anschauung, aber nicht aus dem      
           
     

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