Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 241

     
           
 

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  01 sind also gerade dreifach, so wie alle Urtheile überhaupt, so fern sie sich in      
  02 der Art unterscheiden, wie sie das Verhältniß des Erkenntnisses im Verstande      
  03 ausdrücken, nämlich: kategorische oder hypothetische oder disjunctive      
  04 Vernunftschlüsse.      
           
  05 Wenn, wie mehrentheils geschieht, die Conclusion als ein Urtheil aufgegeben      
  06 worden, um zu sehen, ob es nicht aus schon gegebenen Urtheilen,      
  07 durch die nämlich ein ganz anderer Gegenstand gedacht wird, fließe: so      
  08 suche ich im Verstande die Assertion dieses Schlußsatzes auf, ob sie sich      
  09 nicht in demselben unter gewissen Bedingungen nach einer allgemeinen      
  10 Regel vorfinde. Finde ich nun eine solche Bedingung, und läßt sich das      
  11 Object des Schlußsatzes unter der gegebenen Bedingung subsumiren, so      
  12 ist dieser aus der Regel, die auch für andere Gegenstände der Erkenntniß      
  13 gilt, gefolgert. Man sieht daraus: daß die Vernunft im      
  14 Schließen die große Mannigfaltigkeit der Erkenntniß des Verstandes auf      
  15 die kleinste Zahl der Principien (allgemeiner Bedingungen) zu bringen      
  16 und dadurch die höchste Einheit derselben zu bewirken suche.      
           
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C.
     
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Von dem reinen Gebrauche der Vernunft.
     
           
  19 Kann man die Vernunft isoliren, und ist sie alsdann noch ein eigener      
  20 Quell von Begriffen und Urtheilen, die lediglich aus ihr entspringen, und      
  21 dadurch sie sich auf Gegenstände bezieht, oder ist sie ein bloß subalternes      
  22 Vermögen, gegebenen Erkenntnissen eine gewisse Form zu geben, welche      
  23 logisch heißt, und wodurch die Verstandeserkenntnisse nur einander und      
  24 niedrige Regeln andern, höhern (deren Bedingung die Bedingung der      
  25 ersteren in ihrer Sphäre befaßt) untergeordnet werden, so viel sich durch      
  26 die Vergleichung derselben will bewerkstelligen lassen? Dies ist die Frage,      
  27 mit der wir uns jetzt nur vorläufig beschäftigen. In der That ist Mannigfaltigkeit      
  28 der Regeln und Einheit der Principien eine Forderung der      
  29 Vernunft, um den Verstand mit sich selbst in durchgängigen Zusammenhang      
  30 zu bringen, so wie der Verstand das Mannigfaltige der Anschauung      
  31 unter Begriffe und dadurch jene in Verknüpfung bringt. Aber ein solcher      
  32 Grundsatz schreibt den Objecten kein Gesetz vor und enthält nicht den      
  33 Grund der Möglichkeit, sie als solche überhaupt zu erkennen und zu bestimmen;      
  34 sondern ist bloß ein subjectives Gesetz der Haushaltung mit dem      
  35 Vorrathe unseres Verstandes, durch Vergleichung seiner Begriffe den allgemeinen      
           
     

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