Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 087

      
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

  
  01 Wollen wir nun den innern Grund dieser Verknüpfung der Vorstellungen      
  02 bis auf denjenigen Punkt verfolgen, in welchem sie alle zusammenlaufen      
  03 müssen, um darin allererst Einheit der Erkenntniß zu einer      
  04 möglichen Erfahrung zu bekommen, so müssen wir von der reinen Apperception      
  05 anfangen. Alle Anschauungen sind für uns nichts und gehen uns      
  06 nicht im mindesten etwas an, wenn sie nicht ins Bewußtsein aufgenommen      
  07 werden können, sie mögen nun direct oder indirect darauf einfließen, und      
  08 nur durch dieses allein ist Erkenntniß möglich. Wir sind uns a priori      
  09 der durchgängigen Identität unserer selbst in Ansehung aller Vorstellungen,      
  10 die zu unserem Erkenntniß jemals gehören können, bewußt, als einer      
  11 nothwendigen Bedingung der Möglichkeit aller Vorstellungen (weil diese      
  12 in mir doch nur dadurch etwas vorstellen, daß sie mit allem andern zu      
  13 einem Bewußtsein gehören, mithin darin wenigstens müssen verknüpft      
  14 werden können). Dies Princip steht a priori fest und kann das transscendentale      
  15 Princip der Einheit alles Mannigfaltigen unserer Vorstellungen      
  16 (mithin auch in der Anschauung) heißen. Nun ist die Einheit      
  17 des Mannigfaltigen in einem Subject synthetisch: also giebt die reine      
  18 Apperception ein Principium der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen      
  19 in aller möglichen Anschauung an die Hand.)*      
           
    *) Man gebe auf diesen Satz wohl acht, der von großer Wichtigkeit ist. Alle Vorstellungen haben eine nothwendige Beziehung auf ein mögliches empirisches Bewußtsein: denn hätten sie dieses nicht, und wäre es gänzlich unmöglich, sich ihrer bewußt zu werden, so würde das so viel sagen, sie existirten gar nicht. Alles empirische Bewußtsein hat aber eine nothwendige Beziehung auf ein transscendentales (vor aller besondern Erfahrung vorhergehendes) Bewußtsein, nämlich das Bewußtsein meiner selbst als die ursprüngliche Apperception. Es ist also schlechthin nothwendig, daß in meinem Erkenntnisse alles Bewußtsein zu einem Bewußtsein (meiner selbst) gehöre. Hier ist nun eine synthetische Einheit des Mannigfaltigen (Bewußtseins), die a priori erkannt wird und gerade so den Grund zu synthetischen Sätzen a priori, die das reine Denken betreffen, als Raum und Zeit zu solchen Sätzen, die die Form der bloßen Anschauung angehen, abgiebt. Der synthetische Satz: daß alles verschiedene empirische Bewußtsein in einem einigen Selbstbewußtsein verbunden sein müsse, ist der schlechthin erste und synthetische Grundsatz unseres Denkens überhaupt. Es ist aber nicht aus der Acht zu lassen, daß die bloße Vorstellung Ich in Beziehung auf alle andere (deren collective Einheit sie möglich macht) das transscendentale Bewußtsein sei. Diese Vorstellung mag nun klar (empirisches Bewußtsein) oder dunkel sein, daran liegt hier nichts, ja nicht einmal an der Wirklichkeit desselben; sondern die Möglichkeit der logischen Form alles Erkenntnisses beruht nothwendig auf dem Verhältniß zu dieser Apperception als einem Vermögen.      
           
     

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