Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 050

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Causalität als Noumenon macht, braucht sie nicht theoretisch zum      
  02 Behuf der Erkenntniß ihrer übersinnlichen Existenz zu bestimmen und      
  03 also ihm so fern Bedeutung geben zu können. Denn Bedeutung bekommt      
  04 er ohnedem, obgleich nur zum praktischen Gebrauche, nämlich durchs moralische      
  05 Gesetz. Auch theoretisch betrachtet bleibt er immer ein reiner,      
  06 a priori gegebener Verstandesbegriff, der auf Gegenstände angewandt      
  07 werden kann, sie mögen sinnlich oder nicht sinnlich gegeben werden; wiewohl      
  08 er im letzteren Falle keine bestimmte theoretische Bedeutung und Anwendung      
  09 hat, sondern blos ein formaler, aber doch wesentlicher Gedanke      
  10 des Verstandes von einem Objecte überhaupt ist. Die Bedeutung, die      
  11 ihm die Vernunft durchs moralische Gesetz verschafft, ist lediglich praktisch,      
  12 da nämlich die Idee des Gesetzes einer Causalität (des Willens) selbst      
  13 Causalität hat, oder ihr Bestimmungsgrund ist.      
           
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II

     
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Von der Befugniß der reinen Vernunft im praktischen

     
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Gebrauche zu einer Erweiterung, die ihr im speculativen für

     
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sich nicht möglich ist.

     
           
  18 An dem moralischen Princip haben wir ein Gesetz der Causalität aufgestellt,      
  19 welches den Bestimmungsgrund der letzteren über alle Bedingungen      
  20 der Sinnenwelt wegsetzt, und den Willen, wie er als zu einer intelligibelen      
  21 Welt gehörig bestimmbar sei, mithin das Subject dieses Willens (den      
  22 Menschen) nicht blos als zu einer reinen Verstandeswelt gehörig, obgleich      
  23 in dieser Beziehung als uns unbekannt (wie es nach der Kritik der reinen      
  24 speculativen Vernunft geschehen konnte) gedacht, sondern ihn auch in Ansehung      
  25 seiner Causalität vermittelst eines Gesetzes, welches zu gar keinem      
  26 Naturgesetze der Sinnenwelt gezählt werden kann, bestimmt, also unser      
  27 Erkenntniß über die Grenzen der letzteren erweitert, welche Anmaßung      
  28 doch die Kritik der reinen Vernunft in aller Speculation für nichtig erklärte.      
  29 Wie ist nun hier praktischer Gebrauch der reinen Vernunft mit      
  30 dem theoretischen eben derselben in Ansehung der Grenzbestimmung ihres      
  31 Vermögens zu vereinigen?      
           
  32 David Hume, von dem man sagen kann, daß er alle Anfechtung      
  33 der Rechte einer reinen Vernunft, welche eine gänzliche Untersuchung derselben      
  34 nothwendig machten, eigentlich anfing, schloß so. Der Begriff der      
           
     

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