Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 325

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 in Beurtheilung gezogen, mithin mit Farben und Tönen nur Annehmlichkeit,      
  02 nicht Schönheit ihrer Composition verbunden. Bedenkt man aber      
  03 dagegen erstlich das Mathematische, welches sich über die Proportion      
  04 dieser Schwingungen in der Musik und ihre Beurtheilung sagen läßt, und      
  05 beurtheilt die Farbenabstechung, wie billig, nach der Analogie mit der      
  06 letztern; zieht man zweitens die, obzwar seltenen Beispiele von Menschen,      
  07 die mit dem besten Gesichte von der Welt nicht haben Farben und mit dem      
  08 schärfsten Gehöre nicht Töne unterscheiden können, zu Rath, imgleichen      
  09 für die, welche dieses können, die Wahrnehmung einer veränderten Qualität      
  10 (nicht bloß des Grades der Empfindung) bei den verschiedenen Anspannungen      
  11 auf der Farben= oder Tonleiter, imgleichen daß die Zahl derselben      
  12 für begreifliche Unterschiede bestimmt ist: so möchte man sich      
  13 genöthigt sehen, die Empfindungen von beiden nicht als bloßen Sinneneindruck,      
  14 sondern als die Wirkung einer Beurtheilung der Form im Spiele      
  15 vieler Empfindungen anzusehen. Der Unterschied, den die eine oder die      
  16 andere Meinung in der Beurtheilung des Grundes der Musik giebt, würde      
  17 aber nur die Definition dahin verändern, daß man sie entweder, wie wir      
  18 gethan haben, für das schöne Spiel der Empfindungen (durch das Gehör),      
  19 oder angenehmer Empfindungen erklärte. Nur nach der erstern Erklärungsart      
  20 wird Musik gänzlich als schöne, nach der zweiten aber als      
  21 angenehme Kunst (wenigstens zum Theil) vorgestellt werden.      
           
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§ 52.

     
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Von der Verbindung der schönen Künste in einem und

     
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demselben Producte.

     
           
  25 Die Beredsamkeit kann mit einer malerischen Darstellung ihrer Subjecte      
  26 sowohl als Gegenstände in einem Schauspiele, die Poesie mit Musik      
  27 im Gesange, dieser aber zugleich mit malerischer (theatralischer) Darstellung      
  28 in einer Oper, das Spiel der Empfindungen in einer Musik mit      
  29 dem Spiele der Gestalten im Tanz u. s. w. verbunden werden. Auch      
  30 kann die Darstellung des Erhabenen, sofern sie zur schönen Kunst gehört,      
  31 in einem gereimten Trauerspiele, einem Lehrgedichte, einem Oratorium      
  32 sich mit der Schönheit vereinigen; und in diesen Verbindungen      
  33 ist die schöne Kunst noch künstlicher: ob aber auch schöner (da sich so mannigfaltige      
  34 verschiedene Arten des Wohlgefallens einander durchkreuzen),      
  35 kann in einigen dieser Fälle bezweifelt werden. Doch in aller schönen      
           
     

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