Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 360

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objecten und      
  02 ihrer Erfahrungserkenntniß hernimmt, denselben also mehr braucht, die      
  03 Natur nach der Analogie mit einem subjectiven Grunde der Verknüpfung      
  04 der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objectiven      
  05 Gründen zu erkennen.      
           
  06 Überdem ist die objective Zweckmäßigkeit, als Princip der Möglichkeit      
  07 der Dinge der Natur, so weit davon entfernt, mit dem Begriffe derselben      
  08 nothwendig zusammenzuhängen: daß sie vielmehr gerade das ist,      
  09 worauf man sich vorzüglich beruft, um die Zufälligkeit derselben (der      
  10 Natur) und ihrer Form daraus zu beweisen. Denn wenn man z. B. den      
  11 Bau eines Vogels, die Höhlung in seinen Knochen, die Lage seiner Flügel      
  12 zur Bewegung und des Schwanzes zum Steuern u. s. w. anführt: so sagt      
  13 man, daß dieses alles nach dem bloßen nexus effectivus in der Natur,      
  14 ohne noch eine besondere Art der Causalität, nämlich die der Zwecke ( nexus      
  15 finalis ), zu Hülfe zu nehmen, im höchsten Grade zufällig sei; d. i. daß sich      
  16 die Natur, als bloßer Mechanism betrachtet, auf tausendfache Art habe      
  17 anders bilden können, ohne gerade auf die Einheit nach einem solchen      
  18 Princip zu stoßen, und man also außer dem Begriffe der Natur, nicht in      
  19 demselben den mindesten Grund dazu a priori allein anzutreffen hoffen      
  20 dürfe.      
           
  21 Gleichwohl wird die teleologische Beurtheilung, wenigstens problematisch,      
  22 mit Recht zur Naturforschung gezogen; aber nur um sie nach der      
  23 Analogie mit der Causalität nach Zwecken unter Principien der Beobachtung      
  24 und Nachforschung zu bringen, ohne sich anzumaßen sie darnach      
  25 zu erklären. Sie gehört also zur reflectirenden, nicht der bestimmenden      
  26 Urtheilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur      
  27 nach Zwecken ist doch wenigstens ein Princip mehr, die Erscheinungen      
  28 derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Causalität nach      
  29 dem bloßen Mechanism derselben nicht zulangen. Denn wir führen einen      
  30 teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objecte, als ob er      
  31 in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre, Causalität in Ansehung eines      
  32 Objects zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Causalität      
  33 (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des Gegenstandes      
  34 vorstellen, mithin die Natur als durch eignes Vermögen technisch denken;      
  35 wogegen, wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Causalität      
  36 als blinder Mechanism vorgestellt werden müßte. Würden wir      
  37 dagegen der Natur absichtlich=wirkende Ursachen unterlegen, mithin der      
           
     

[ Seite 359 ] [ Seite 361 ] [ Inhaltsverzeichnis ]