Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 014

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 als nicht existirend anzusehen sei. - Hierauf antworte ich: Es Bedarf,      
  02 um diese Schrift ihrem wesentlichen Inhalte nach zu verstehen, nur der      
  03 gemeinen Moral, ohne sich auf die Kritik der p. Vernunft, noch weniger      
  04 aber der theoretischen einzulassen, und wenn z. B. die Tugend als Fertigkeit      
  05 in pflichtmäßigen Handlungen (ihrer Legalität nach) virtus phaenomenon ,      
  06 dieselbe aber als standhafte Gesinnung solcher Handlungen      
  07 aus Pflicht (ihrer Moralität wegen) virtus noumenon genannt wird, so wird, so      
  08 sind diese Ausdrücke nur der Schule wegen gebraucht, die Sache selbst      
  09 aber in der populärsten Kinderunterweisung oder Predigt, wenn gleich      
  10 mit anderen Worten enthalten und leicht verständlich. Wenn man das      
  11 letztere nur von den zur Religionslehre gezählten Geheimnissen von der      
  12 göttlichen Natur rühmen könnte, die, als ob sie ganz populär wären, in      
  13 die Katechismen gebracht werden, späterhin aber allererst in moralische      
  14 Begriffe verwandelt werden müssen, wenn sie für jedermann verständlich      
  15 werden sollen!      
  16 Königsberg, den 26. Januar 1794.      
           
           
     

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